In unserer digitalen Welt sind Emojis nicht mehr wegzudenken. Egal, ob ein simples 😀 oder ein 🥲 mit Zwischentönen – die kleinen bunten Pixel auf unseren Bildschirmen sind längst eine globale Sprache geworden und drücken unsere Gefühle aus. Was liegt da näher, als zu denken, dass Emoji „Emotionen“ bedeutet – aber ist das tatsächlich so?
Wenn man an Emojis denkt, denkt man meistens auch sofort an Gefühle. An kleine gelbe Gesichter, den lachenden Poop-Haufen, an Herzchen, Daumen hoch, Tränen der Freude und natürlich auch 🍆 – Obst & Gemüse 😆. All das scheint wie gemacht, um Emotionen auszudrücken.
Die Wahrheit liegt, wie so oft, in der Sprache. Und in Japan 🎌
Wie alles begann – Tōkyō, 1999
In den späten 90ern begann man bei NTT Docomo, einem japanischen Mobilfunkanbieter, damit, winzige Pixelgrafiken in Textnachrichten zu integrieren. Die Idee war simpel: Warum nicht ein paar Symbole einbauen, die den Ton einer Nachricht mittransportieren?
176 kleine Grafiken waren es zu Beginn – Wetter-Symbole, Sternzeichen, Verkehrshinweise, ein paar Tiere, ein paar Gesichter. Alles in 12×12 Pixeln. Es war nichts Kompliziertes. Und doch war es der Beginn einer neuen Sprache. Einer Sprache, die die ganze Welt verändern sollte.
Japan nahm die Idee dankbar auf. Denn die Schriftkultur dort ist ohnehin stark visuell geprägt: Kanji, Hiragana, Katakana – all das lebt vom Zusammenspiel von Bedeutung und Form. Und gerade in der noch frühen digitalen Welt entwickelte sich noch eine ganz andere Form, um Gefühle auszudrücken – quasi eine erste Version des Emoji-Konzepts.
Die sogenannten Kaomoji tauchten erstmals in den 1980ern in Japan auf und haben bis heute in asiatischen Online-Kulturen Bestand. Sie werden noch immer gerne in Messenger-Diensten wie LINE, in der Gamingszene und in Kommentarspalten von Online-Portalen verwendet – und ja, sie sind teilweise auch richtig kleine, süße Kunstwerke.
Du fragst dich was ein Kaomoji ist?
Ein Kaomoji (顔文字) ist eine japanische Form von Emoticon (nicht Emoji!) – also eine Art Gesicht oder Gefühlsausdruck, das aus normalen Schriftzeichen besteht, aber nicht wie bei westlichen Emoticons seitlich, sondern frontal lesbar ist – und meiner Meinung nach auch einfach schöner ist.
Das wohl bekannteste westliche Emoticon – das auch im Jahr 2025 noch die meisten E-Mails nach dem „Mit freundlichen Grüßen“ verziert – ist wohl dieses hier ; – ) oder noch kürzer : ) Es wundert also kaum ¯\_(ツ)_/¯, dass die Kaomojis schnell beliebt wurden und bis heute blieben ฅ^•ﻌ•^ฅ Einige Smartphone-Tastaturen haben neben den Reitern für Emojis, Sticker und GIFs noch einen weiteren – einen eigenen Bereich nur für Kaomojis. Bei der Samsung-Tastatur ist das zum Beispiel Standard (´。• ᵕ •。`) ♡, und auch das Gboard von Google bringt diese süßen Kaomojis von Haus aus mit ◝(ᵔᗜᵔ)◜





Ob man sie braucht? Vielleicht nicht immer – aber sie zaubern oft ein kleines Lächeln aufs Display.
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Danke, dass du hier bist! (。>﹏<。)♡ Ich freu mich soooo sehr! (づ。♡‿♡。)づ Viel Spaß noch auf dem Blog~ ☆:.。.o(≧▽≦)o.。.:☆ (×﹏×) Okay – aber nun zurück zu den Emojis...
Als die Welt plötzlich mitsprach
Mit dem Siegeszug der Smartphones – und besonders durch Apple – fanden Emojis ihren Weg in westliche Betriebssysteme. Und dort begegneten sie einer anderen Erwartungshaltung: Man sah in ihnen keine Bildzeichen, sondern Emotionsträger.
Die Assoziation mit „Emotion“ lag so nah, dass kaum jemand nachfragte, woher das Wort Emoji also wirklich kommt.
Das Ergebnis ist ein stiller Bedeutungswandel. Heute ist das Missverständnis so verbreitet, dass sich kaum noch jemand wundert, wenn Emojis für die „Sprache der Gefühle“ gehalten werden.

Seit 2010 werden Emojis offiziell durch das Unicode-Konsortium standardisiert, was bedeutet: Ein Emoji wie 🍣 oder 🐉 sieht auf jedem Gerät etwas anders aus, hat aber die gleiche „Bedeutung“ im Code – also universell nutzbar. Aber Achtung: Obwohl sie global verwendet werden, sind viele Ursprünge und kulturelle Nuancen japanisch geprägt. Das 🍙 Onigiri-Emoji zum Beispiel ist in Europa oft gar nicht als Reisbällchen erkennbar.
Was „Emoji“ wirklich bedeutet
Emoji ist kein englisches Kunstwort. Es ist ein japanisches. Und wie so viele japanische Begriffe wirkt es im ersten Moment einfacher, als es eigentlich ist.
Zusammengesetzt ist es aus drei Zeichen:
絵 (e) – das Bild
文 (mo) – der Text, das Geschriebene
字 (ji) – das Zeichen, der Buchstabe
Wenn man die drei Zeichen als Ganzes betrachtet – 絵 + 文 + 字 – dann ist ein Emoji nicht bloß irgendein Icon, irgendein lustiges Bildchen. Es ist ein gezeichnetes Bild (絵), mit kulturellem Gehalt (文) in der Form eines Zeichens (字).
Ein Bild, das aussieht wie ein Gedanke – und doch mit nur einem Blick spürbar wird. Nüchtern betrachtet ist ein Emoji nichts anderes als ein Bildzeichen. Ein gezeichneter Buchstabe vielleicht, ein kleines Symbol, das eine Idee trägt – schlicht, still, klar. Ganz ohne all die Gefühle, die wir heute darin hineinlegen.
Und doch hat sich etwas verändert. Denn heute kann ein Emoji so viel mehr sein 😱 Ein Lächeln, das nicht ganz echt ist. Ein Herz, das fehlt. Eine Geste, ein Unterton, manchmal sogar ein ganzer unausgesprochener Satz 💔