Seitdem ich in Japan lebe, ist mir etwas Faszinierendes aufgefallen. Meine Tage enden oft weit nach Mitternacht mit einer letzten Zigarette, die ich entweder bei einem kleinen Nachtspaziergang rauche oder auf meinem Balkon genieße. Ich liebe die klare, kalte Nachtluft – manchmal bis zu -9 Grad – und diese stillen Momente jede Nacht. Mein Blick wandert dabei automatisch zum Nachthimmel und verliert sich im unendlichen Sternenzelt über mir.
Erst nach einigen Nächten fiel mir auf, dass etwas anders ist. Nicht nur, dass das Sternbild des Großen Wagens hier scheinbar auf dem Kopf steht – ich hatte Mühe, es überhaupt zu finden –, sondern um ihn herum leuchten Millionen weiterer Sterne, die ich noch nie gesehen hatte. In Japan, besonders abseits der großen Städte, fühlt es sich an, als würde sich das Universum in seiner ganzen Weite vor mir ausbreiten – als könnte ich mit meiner bloßen Hand den Mond berühren. Den Mond, den ich glaubte zu kennen, sah ich hier in Japan zum ersten Mal wirklich – als wäre er an das dunkle Sternenzelt gemalt, mit perfekten Linien und klaren Mustern.
Der Nachthimmel in Japan ist für mich einfach atemberaubend. Ich begann mich zu fragen, ob ich mal wieder meine „rosarote Japan-Brille“ aufhabe oder ob der Nachthimmel in Japan tatsächlich anders ist. Immerhin gibt es hier einige der hellsten Megametropolen der Welt, deren Lichter aus dem All sichtbar sind. Wie also kann es sein, dass ich hier mehr Sterne sehe als in Deutschland?
Ich tat, was ich immer tue: beobachten und recherchieren – und tatsächlich gibt es bemerkenswerte Unterschiede zwischen Japan und Deutschland.
Das Licht
Einer der größten Unterschiede ist tatsächlich die Lichtverschmutzung. Zunächst dachte ich: Das sollte doch in Japan viel schlimmer sein als in Deutschland. Großstädte wie Tōkyō oder Ōsaka strahlen natürlich enorm viel künstliches Licht ab, ähnlich wie Berlin oder Hamburg. Doch in Japan gibt es viele abgelegene Orte, an denen die Dunkelheit fast unberührt scheint. Besonders auf den Inseln oder in den Bergen – auch in den Bergregionen Mitake oder Takasaki – kann man eine unglaubliche Vielzahl an Sternen sehen. Es gibt hier sogar offizielle Sternenparks, in denen künstliche Beleuchtung gezielt reduziert wird, um die natürliche Schönheit des Nachthimmels zu bewahren.
Ich erinnere mich an den gestrigen Abendhimmel in Takasaki – er war so überwältigend, dass ich mich fast wie auf einem anderen Planeten fühlte. In Deutschland gibt es zwar auch dunkle Orte wie den Nationalpark Eifel oder die Schwäbische Alb, doch selbst dort gibt es immer wieder Lichtquellen, die den Himmel aufhellen. Natürlich gab es auch in Takasaki Lichtquellen, doch umgeben von Bergen und etwas abseits vom Zentrum erstrahlten Sterne, die ich nie zuvor gesehen hatte.
Die Luft
Ein weiterer entscheidender Faktor ist die Luftqualität und das Klima. Natürlich habe ich mich nicht mit Messgeräten an die Straße gestellt – aber ich habe meine Lunge als Testgerät benutzt. Denn ich bin Asthmatiker, und schon bei meinen ersten Japan-Reisen fiel mir auf, dass ich mein Asthmaspray kaum oder gar nicht brauchte. Seitdem ich meinen Lebenstraum wahr gemacht und nach Japan gezogen bin, hatte ich nicht einen einzigen Asthmaanfall und musste mein Spray noch kein einziges Mal benutzen.
Deutschland hat oft mit hoher Luftfeuchtigkeit und Nebel zu kämpfen, besonders im Herbst und Winter. Diese Bedingungen lassen die Sterne verschwimmen oder ganz hinter dichten Wolken verschwinden. In Japan hingegen befinden sich viele der besten Sternenbeobachtungsorte hoch in den Bergen, wo die Luft trocken und klar ist. Die Sterne funkeln so intensiv, dass ich meinte, jede einzelne Sternenkonstellation ohne eine App erkennen zu können – wenn ich sie denn kennen würde. In Deutschland hatte ich nur selten ein so klares Bild des Nachthimmels. Natürlich gab es auch dort Nächte, in denen ich stundenlang mit offenem Mund staunend dalag und die Sterne zählte. Doch der Unterschied ist wirklich intensiv.
Und auch der Mond wirkt hier irgendwie anders. Es ist verrückt – obwohl er mir persönlich weiter entfernt erscheint, sind seine Formen und Farben intensiver. So habe ich den Mond noch nie gesehen, und das meine ich ganz objektiv: Durch die absolut klare, trockene Luft scheint sein Äußeres wie geschärft zu sein.
Die Lage
Neben meiner Liebe zu Japan gibt es noch einen dritten, ganz wissenschaftlichen Grund für meine Beobachtungen: Japans geografische Lage. Das Land erstreckt sich zwischen 24° und 45° nördlicher Breite, während Deutschland zwischen 47° und 55° liegt. Das mag nicht nach viel klingen, aber es bedeutet, dass ich hier in Japan mehr südliche Sternbilder sehen kann als in Deutschland. Ich erinnere mich an meine erste Sichtung des Skorpions und des Schützen in voller Pracht – ein Anblick, den ich in Deutschland nie so genießen konnte. Sogar das berühmte Kreuz des Südens kann man unter idealen Bedingungen auf Okinawa entdecken – bis dorthin hat es mich allerdings bisher nicht verschlagen! Ein weiteres Sternbild, das ich in Deutschland nie wirklich gesehen habe, ist Centaurus. In Japan stehen diese südlichen Sternbilder höher am Himmel, was ein ganz neues Beobachtungserlebnis schafft.
Alles in allem ist Japan für mich das perfekte Land, um den Sternenhimmel zu genießen. Es gibt so viele dunkle Orte mit klarer Luft und wenig Lichtverschmutzung – perfekte Bedingungen für ein atemberaubendes Sternenerlebnis. Wenn du jemals die Möglichkeit hast, irgendwo in den Bergen oder auf einer abgelegenen Insel Japans den Himmel zu betrachten, dann tu es. Es ist ein Anblick, der sich tief in deine Seele brennen wird.
Fakten
Ein paar nüchterne Fakten zu einem Sternbild, das wohl jeder kennt: der Große Wagen.
Er liegt weit genug nördlich des Himmelsäquators, sodass er sowohl von Deutschland als auch von Japan aus sichtbar ist. Der Große Wagen ist Teil des Sternbilds Ursa Major, das zwischen etwa 30° und 70° nördlicher Breite liegt. Deutschland erstreckt sich, wie bereits erwähnt, zwischen 47° und 55° nördlicher Breite, Japan zwischen 24° und 45°. Da dieses Sternbild zirkumpolar ist, ist es umso besser sichtbar, je weiter nördlich man sich befindet.
In Deutschland ist der Große Wagen fast immer am Himmel, weil er dort hoch steht. In Japan ist er besonders im Winter und Frühling gut sichtbar – also genau jetzt. Im Sommer hingegen kann er tief am Horizont stehen.
Übrigens: Die Erdrotation verändert nicht die Sichtbarkeit eines Sternbildes! Sterne am nördlichen Himmel bleiben für uns sichtbar. Zwar scheinen sich Sternbilder – genau wie die Sonne – über den Himmel zu bewegen, doch dieser Effekt entsteht durch die Rotation der Erde, nicht durch eine tatsächliche Bewegung der Sterne. Zirkumpolare Sternbilder sind das ganze Jahr über von der Nordhalbkugel aus sichtbar und fallen niemals unter den Horizont.
Fazit
Diesmal hat meine rosarote Japan-Brille absolut ins Schwarze getroffen ✨💫 Der Himmel in Japan ist einfach schöner 🩷
Wie wahr das ist….der Himmel ist toll in Japan 💞